Das letzte Drittel unserer Etappe führt uns entlang der Küste Italiens mit seiner markanten Kartographie, an dessen Schienbein wir über den Fussspann hinweg zur Stiefelspitze mit unserer Dream Chaser runterrutschen.

‚La bella Italia‘ – wie sehr hatte ich mich darauf gefreut. Sogar die italienische Sprache habe ich angefangen über ‚Duolingo‘ zu lernen.

Und genau dort, wo Du ein Schienbeintritt vermeintlich am schmerzvollsten spürst, hat es bei uns einen heftigen Bluterguss hinterlassen, als man unser Beiboot im Hafen von Anzio, südlich von Rom, gestohlen hat.
Ich muss gestehen, das Hämatom verblasst nur langsam.

Seither hat auch mein Online-Sprachkurs ein abruptes Ende gefunden. Ich hatte es bis dato eh nur bis zu Obst und Gemüse geschafft.

Und jetzt bekommen wir auch noch kräftig auf den Zeh getreten. Genau so fühlt es sich an, als wir unser Winterquartier in Riposto bei Catania erreichen.

Aus dem Nichts erreicht der Wind plötzlich Sturmstärke beim Anlegen an der Bootstankstelle.  Kurz darauf liegen wir  5-fach vertäut über Nacht  mit Dieselgeruch in der Nase, an der Tanke fest.
‚Take it easy‘, denke ich, als sie uns am nächsten Morgen einen Liegeplatz an der äusseren Hafenmauer zuweisen. Alle Plätze im kuscheligen Hafeninneren sind belegt. Schon klar, wir haben ja auch erst vor einem Dreivierteljahr die Reservierung vorgenommen.

Die Dream Chaser kommt drei Tage lang auf den mit Schaumkronen bespickten Wellen im Hafenbecken nicht zur Ruhe und stemmt sich unermüdlich gegen den Wind. Das zerrt nicht nur an den Leinen, sondern auch an unseren Nerven.

Als wir bei diesem Höllenwind von Bord wollen, liegt unser Boot so weit von der Hafenmauer entfernt, dass ich selbst mit meinen langen Beinen keine Chance sehe, den Sprung an Land zu schaffen. Also schmeisse ich meine Flip-flops schon mal auf die Uferpromenade und warte auf die nächste Windböenflaute, die den Abstand verringern wird. Während ich die große Lücke zwischen Bootsende und Hafenkai fest im Blick halte, sehe ich aus dem linken Augenwinkel einen rostroten, verbeulten Lancia auf der Promenade anrollen. Als ich den Kopf hebe, kann ich nur noch tatenlos zusehen, wie dieses Gefährt im nächsten Moment ohne jegliche Hast über meine Flip-flops rollt und seine schwarzen Reifenabdrücke auf meinen weißen Gummischuhen hinterlässt. Der völlig merkbefreite Fahrzeuglenker, älteren Kalibers, stiert unterdessen weiterhin geradeaus auf den Asphalt vor ihm.
Ob er meine italienische Schimpfworttirade akustisch überhaupt wahrgenommen hat, bleibt ungewiss.

Tagessoll erreicht. Ich habe gerade keine Lust mehr.

Last Updated on 12. Oktober 2025 by Carola

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