Prost Neujahr!!!

Prost Neujahr!!!

Ihr Lieben, ich wünsche euch ein glückliches und gesundes 2024.

Coronainfektionen gehören mittlerweile leider zum Alltag, aber wer möchte aufgrund dessen nach einem 7-tägigen Hausarrest über Weihnachten nicht gerne wieder an die frische Luft? Am besten gleich auf’s Wasser. Gesagt-getan, aber von einem Beinbruch war nicht die Rede.

Eine schöne Neujahrsausfahrt in trauter Zweisamkeit auf unserer Dream Chaser, 2 Nächte im Hafen von Vilamoura. Tolles live concert inkl. Feuerwerk am Strand von Quarteira. Was will man mehr? Ein super Start ins Neue Jahr, so zumindest fühlte es sich bis zum Nachmittag an.
Wir waren kurz vor Lagos, unserem derzeitigen Heimathafen. Es gab noch zwei Fender umzusetzen. Welch Kinderspiel; kein Wind, nur leichte Welle und die Segelschuhe hatte ich tatsächlich auch brav an. Auf dem Weg vom Heck zum Bug stolpere ich an Deck, versuche mich von der Reling weggerichtet mit dem linken Bein abzufangen und falle der Länge nach hin. Es ging alles so schnell, dass ich es gar nicht mehr genau nachvollziehen kann. Es muss die Kante am Fensterrahmen gewesen sein.

Portugiesische Hospitäler sind ziemlich effizient, habe ich feststellen müssen.
Leider handelt es sich nicht um lediglich eine Bänderdehnung oder Verstauchung, wie gehofft, sondern, gleich mal wieder in die Vollen; Wadenbeinbruch und Bruch der Großzehe.
Die BG Unfallklinik kennt sich mit meinen Beinen ja bereits aus.

Das Jahr hat dann doch nicht so schlecht begonnen; wir starten mit konservativer Therapie und können wahrscheinlich auf eine OP verzichten.

Und nach hoffentlich schneller Genesung geht’s bei nächster Gelegenheit gleich wieder auf die Dream Chaser.

Danke Dir, mein Schatz, für Deine Liebe, Deine Fürsorge und Geduld!

Fang, der kleine Orca

Fang, der kleine Orca

„Es war einmal eine Orca-Mama mit ihren drei Orca- Kids Fin, Flynn und Fang, die schwammen durch den Golf von Cadiz. Klein Fin schwamm abseits und war schlecht gelaunt.
„Was ist denn los, mein Kleiner?“, fragte die Orca-Mama.
„Wir müssen immer soweit schwimmen. Ich will eine Pause machen. Ich habe Hunger.“
„Wir können erst essen, wenn ich Euch ein paar Fische gefangen habe.“, sagte die Orca-Mama. „Heute Abend gibt es Thunfisch. Der wird dir schmecken.“
„Ich will aber nicht bis heute Abend warten. Ich will jetzt essen. Und ich will meine Fische selber fangen.“
„Na gut.“, sagte die Orca-Mama. „Es ist ja auch an der Zeit, dass ihr lernt, wie man Fische fängt. Dann bleiben wir hier vor dieser Flußmündung, ich warte auf euch, und jeder von euch versucht sein Glück.“
Die Orca-Kinder nickten begeistert.
„Dass ihr mir aber spätestens in einer Stunde wieder zurück seid!“, mahnte die Orca-Mama. „Und wer die besten Fische fängt, bekommt einen extra Nachtisch.“
Die Orca-Kinder freuten sich, dass sie das erste Mal auf eigene Faust jagen durften. So oft schon hatten sie dabei zugeschaut. Und jetzt war es endlich soweit. Voller Eifer schwammen sie davon. Jeder in eine andere Richtung.
Die Orca-Mama drehte ein paar Kreise und wartete geduldig auf ihre Kleinen, aber auch ein wenig sorgenvoll . Doch sie hatte sie gut erzogen. Fast genau eine Stunde später kamen sie wieder zurück, und alle hatten etwas in ihrem kleinen Orca-Maul. Die Mutter war stolz auf ihre Kleinen, tauchte vor Freude auf, vollführte einen kleinen Luftsprung, drehte sich etwas zur Seite und ließ sich mit einem lauten Platschen zurück ins Wasser fallen. Flynn kicherte leise. Das hatte er seine Mama schon lange nicht mehr machen sehen.
„So“, sagte die Orca-Mama liebevoll. „Dann zeigt mal, was ihr gefangen habt. Fin, du fängst an.“
„Ich habe drei Sardinen gefangen.“, Mama, sagte Fin mit großen Augen, öffnete sein kleines Orca-Maul und zeigte die Fischchen mit herausgestreckter Zunge.
„Brav.“, lobte die Orca-Mama und tätschelte Fin mit ihrer Seitenflosse. „Das hast Du gut gemacht mein Kleiner.“
„Und Flynn, was was Du gefangen?“ Flin grinste halbstark, öffnete sein Maul nur leicht, und sogleich kam die große Schwanzflosse eine Thunfisches zum Vorschein.

„Sehr gut, mein Junge.“, lobte die Orca-Mama und nickte anerkennend mit dem Kopf. „Sehr gut.“
„Und Fang, was hast Du denn da sperriges im Maul? Das sieht ja aus wie ein Stück Holz.“ Fang spuckte das Teil aus, auf dem er schon seit einer halben Stunde herumkaute, weil er sonst nichts Essbares gefunden hatte. Er ließ traurig seine Seitenflossen hängen.
„Ich habe leider nur das Ruder von einem Segelboot, Mama.“ Er schämte sich und sah in die Tiefe, wo das große Brett langsam in der Dunkelheit verschwand.
Zu seiner Überraschung vollführte die Mama übermütig eine Pirouette um ihre Längsachse.
„Fang ich bin sehr stolz auf dich!“, sagte sie. „Das Ruder von einem Segelboot, das können eigentlich nur die Großen. Ich finde, Du solltest heute Extra-Nachtisch bekommen .“

Am Ende des Tages

Am Ende des Tages

Wir kamen von der Flussmündung des Guadalquivir und befinden uns am Ende eines langen Tages kurz vor der Einfahrt zur Isla Culatra bei Faro, als unser Blick über Backbord zu einer vierzig Fuß Yacht wandert, die, als würde sie ankern, ohne Segel in der Sonntagssonne auf dem Wasser dümpelt.
Ich sehe eine Bewegung an der Wasseroberfläche. Etwas, das aussieht wie ein kurz auftauchender Delfin. Wir sind bei 36°54′ N 007°49′ W. Es ist der 25.06.2023, 16:05 LT, aber was interessiert sich ein Fisch für eine menschengemachte Positionsangabe, für eine Zeit.
Kaum eine Minute später taucht der Fisch erneut auf. Er schwimmt in unsere Richtung. Er ist größer als ein Delfin, viel größer, massiger. Seine Finne ist schmal und lang. Ein Schwertwal. Er hält direkt auf uns zu.

Wir kennen Berichte von Walangriffen auf Yachten. Unter Seglern verbreitet sich so etwas schnell. Einer hört was, einer sagt dazu was, ein Dritter erzählt es weiter, ein richtiges vom Hören-sagen ist das. Man kann nichts darauf geben. Dass die Wale zu einer einzigen Rotte gehören und westl. vor Gibraltar ihr Unwesen treiben. Dass sie ihrer Nahrung, den Thunfischschwärmen, folgen; diese wiederum den Sardinen. Wenn die Fischer ihre Sardinennetze leer aus dem Wasser ziehen, weiß man, dass keine Wale in der Nähe sind, erklärte uns Denys, der Rigger. Dass die Wale seit einiger Zeit Boote angreifen, gemeinsam, gezielt. Dass sie sie mitunter schubsen, stoßen, ja sogar drehen, sich bis zu einer Stunde lang einen Spaß daraus machen, Bootsbesatzungen zu erschrecken, wusste einer zu berichten. Vom Hörensagen. Dass das eigentliche Ziel der intelligenten Tiere aber die Ruderblätter der Yachten sind. Dass sie das auch Ihren Jungtieren beibringen. Das Annähern von hinten unten, der pfeilschnelle Vorstoß aus der Tiefe bis kurz unterhalb der Wasseroberfläche, wo sie in einer auslaufenden Bewegung mit einem leichten Kopfstoß das Ruder schubsen. Oder rechtzeitig abbremsen und es mit dem kräftigen Kiefer anknabbern, als wollten sie einen fremden Artgenossen aus ihrem Jagdrevier vertreiben.
Ich stelle mir vor wie es sich anfühlt, wenn fünf Tonnen auf ein Ruderblatt treffen. Etwa wie ein Kleinlaster, der mit dreißig Sachen gegen eine offene Autotür fährt. Die Tür wird mit lautem Krachen aus dem Rahmen gerissen, das ganze Auto wackelt.
In ein Schiff hingegen, reißt von unten ein Loch.

Wir reagieren sofort: Motoren auf Leerlauf, Autopilot aus, Schwimmwesten an.
Gespannte Stille an Bord. Die Dream Chaser plflügt gemütlich durchs Wasser. Bis das Klicken des Funkgeräts die Stille unterbricht.  PAN PAN PAN PAN meldet die IMAGINE auf Kanal 16 und bittet um Hilfe. Sie ist manövierunfähig, nachdem sie kurz zuvor vom einem Orca gerammt wurde.
Es dauert, die Positionsangabe des Schiffes in Grad und Minute nach Länge und Breite zu begreifen: Die IMAGINE ist das Boot querab von uns, keine halbe Meile entfernt, und noch während ich dabei bin, das zu verstehen, sehe ich den Wal erneut, nur wenige Bootslängen querab. Er hat ein Ziel.
An Bord bleibt es still. Meine Frau steht am Ruder. Ich sehe sie nicht, weiß nicht, was jetzt in ihr vorgeht. Ich gehe vorsichtig in Richtung Reling, halte mich an einem Gestänge fest. Halte mich fest, bis die Hand im Krampf schmerzt. Ich gehe zur Reling gegenüber. Sanft schlägt das Wasser der Algarve gegen den Rumpf. Das müsste es für uns gewesen sein.
Ein dumpfer Schlag trifft den Rumpf.
Und kurz darauf sehe ich unseren Moby Dick auf der anderen Seite des Schiffes auf- und wieder abtauchen. Es bleibt still an Bord.
Ein zweiter Schlag lässt den Rumpf beben. Ich suche den Blick meiner Frau. Er ist frei von Angst.
Nach einer weiteren, einer ewigen Minute traue ich mich erneut, zu glauben, zu hoffen, dass es das gewesen ist. Ich greife zum Funkgerät und rufe die IMAGINE. Wir bieten unsere Hilfe an, sobald der Orca verschwunden ist.
Meine Frau legt langsam beide Gashebel nach vorn und will das Steuerrad nach links drehen. Doch es bewegt sich nicht. Das Ruder sitzt fest.

Die Entdeckung

Die Entdeckung

Ich stand am Grab des Christoph Kolumbus und kam mir klein vor. Neben mir stand ein Mann, dem es ähnlich zu ergehen schien. Er sah mit geöffnetem Mund nach oben in Richtung des Sarkophages und schien offensichtlich beeindruckt. Seine gebückte Haltung, die sonnengegerbte Haut und die knochigen Hände deuteten darauf hin, dass er jenseits der siebzig war. Seine kurzen Hosen, das Hawaihemd und die Baseballmütze auf dem Kopf ließen darüber hinaus erahnen, dass es sich um einen Touristen aus den Vereinigten Staaten handelte. Allerdings fiel mir auf, dass der Mann auf seltsame Art gerührt war. Seltsam deshalb, weil ich amerikanische Touristen in der Regel excited erlebe, nie aber gerüht. Ich sah darfaufhin ebenfalls nach oben. Der Sarkophag mit den letzten Resten des großen Mannes wird von vier überlebensgroßen Herolden getragen. Sie scheinen in Bewegung, wollen quer durch die heilige Halle. Vorbei an der Orgel, die bis zum Himmel reicht, zumindest aber bis zum Dachhimmel der Kathedrale, und womöglich durch den gegenüberliegenden Ausgang wieder hinaus. So kommt auch die letzte Reise dieses Abenteuerers und Entdeckers zu keinem Ende. Sie hat ihn bereits nach seinem Tod von Valladoid nach Sevilla geführt, von hier wieder zurück über den Atlantik nach Santo Domingo, weiter nach Havanna und vor einhundertzwanzig Jahren wieder zurück nach Sevilla. Von keinen Geringeren als den spanischen Königreichen selbst wird Kolumbus, nach dem auch ein Land in Südamerika benannt ist, das er nie betreten hat, getragen. Kastilien und Leon gehen aufschauend vorweg, Navarra und Aragon, die in den ersten Jahrhunderten nach der Wiederentdeckung Amerikas nicht so gut auf den zu sprechen waren, der als genuesischer Seefahrer in den Diensten Kastiliens gestanden hatte, schauen betreten zu Boden.
Sevilla feierte vor wenigen Jahrzehnten im Rahmen einer Weltausstellung die fünfhundertjährige Entdeckung Amerikas und bedankte sich bereits neunzig Jahre zuvor bei ihrem großen Entdecker, indem es ihm den Platz an der Puerta de la Lonja ihrer großartigen Kathedrale zubilligte. Einem Seefahrer unter Kirchenmännern, zu dem die ganze Bevölkerung aufschaut, ja aufschauen muss zu diesem hoch oben aufgebahrten Sarkophag, der etwas von einem Thron hat. Etwas so Großes, dass man davor sogleich bescheiden wieder den Kopf senkt, ja, geradezu das Bedürfnis verspürt, davor in die Knie zu gehen.  

Eine ganze Welt zu entdecken ist heute nicht mehr möglich. Nahezu jeder Quadratmeter der Erde ist inzwischen durchwandert, befahren, vermessen, auf seine Erschließbarkeit hin überprüft. Seefahrer, sofern es sie überhaupt noch gibt, sind nicht mehr auf der Jagd nach der Entdeckung von Länderein, Reichtümern und anderen Äußerlichkeiten, sie können die Abenteuer nur noch in ihrem Inneren finden. Wie der Deutsche Boris Hermann, der mit seiner Yacht an diesem Tag,  an dem ich vor Kolumbus‘ Grab stehe, ganz in der Nähe mit rasender Geschwindigkeit auf Gibraltar zuhält, um das härteste Segelrennen rund um die Welt, auf dem er sich seit über einem halben Jahr befindet, für sich und sein Team auf der letzten Etappe zu entscheiden. Es ist vor allem ein Kampf gegen sich selbst. Während der Admiral der Karacke Santa Maria und der beiden Karavellen Niña und Pinta vor einem halben Jahrtausend von Palos de la Frontera bei Huelva aus, auch dieser Ort ganz in der Nähe, eine Reise ins Ungewisse unternahmen, mit der Überzeugung immerhin, dass die Erde eine Kugel sei, weshalb es eine westliche Route nach Ostasien geben müsse. Eine Idee, die sich bereits bei Aristoteles fand, wie so Vieles, was wir Heutigen wissen.  

Was können wir, meine Frau und ich, also noch entdecken?  Wohin wird uns unsere Fahrt führen von diesem geschichtsträchtigen Ort aus? Die Welt, sie erscheint mir dieser Tage wieder geteilt in zwei Hälften durch die Säulen des Herakles, wie Gibraltar früher genannt wurde und das mir neuerdings wie ein Nadelöhr vorkommt. Ich habe die Erde von oben zur Genüge gesehen, habe sie merhfach umrundet. Doch hier unten komme ich mir vor wie eine winzige Fliege am Boden.
Der Mann neben mir muss auch meine Betroffenheit gespürt haben. Er wendet sich mir plötzlich zu und spricht mich auf englisch an:
Dieser, den man den großen Kolumbus nennt, was war so groß an ihm?  Was hat ein Abenteurer entdeckt, wenn er zeitlebens glaubte, etwas ganz anderes entdeckt zu haben? Sind wir nicht alle eher klein?
Darf ich mich vorstellen. Mein Name ist Diego, Diego Colón.

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