Wie kann man so blöd sein und eine Drohne gegen eine Felswand fliegen. Ich ärgere mich gewaltig. Als hätten wir gerade nicht genug Ärger. Das Fluggerät zu suchen wird nicht viel bringen. Sie ist 40m in die Tiefe gestürzt und liegt jetzt irgendwo im Gestrüpp am Fuße des Berges, zerschmettert, denn die Rotorarme sind nicht für Kollisionen ausgelegt. Lass uns erstmal essen. sagt Carola. Ich decke den Tisch, mache uns ein Bier auf und löffle lustlos in der Minestrone. Schau mal, da. sagt Carola erscheocken und deutet mit der Hand in Richtung Strand, nachdem wir beide kurz zuvor eine Art Knacken oder Knallen vernommen haben. Zwischen Strand und Fels liegt ein fußballplatzgroßes Feld aus hohem Schilf und daraus lodern Flammen empor. Wenn sich das ausbreitet, sind die vier Häuser am Rand des Feldes in Gefahr. Der Strand hat keine Zufahrt, ist nur vom Wasser aus zu erreichen, und wir haben niemand an Land gesehen. Mir läuft es eiskalt den Rücken runter. Die Drohne, der Lithiumakku, ein Schlag, langsame Hitzeentwicklung, der Knall, das brennende Schilf. Ich sehe Carola an, dass sie ähnlich denkt, oder daran, dass die Häuser gleich abfackeln, wenn man nicht umgehend einschreitet. Wir lassen das Essen stehen. Ich lasse das neue Paddelboot zu Wasser, Carola greift nach Löschdecke und Feuerlöscher und wir beginnen zu rudern. Rudern, was das Zeug hält. Die Flammen breiten sich aus. Kurz bevor wir den Strand erreichen sehen wir eine Frau, die es sich auf die Brüstung der Veranda des Hauses bequem macht, das dem Feuer am nächsten steht. Ich winke und rufe. Fire, fuego, was mir gerade so einfällt. Kurz darauf tritt ein Mann aus dem Dickicht des Schilfes hinzu. Er winkt, und dann winken beide. Sie winken ab, no no, tutto bene, sowas in der Art. Wirklich? Alles klar. Wir drehen und merken erst jetzt, dass die Welle am Strand beträchtlich ist. Unter Mühen paddeln wir zurück zum Boot. Das Feuer ist beängstigend. Es lodert, es knallt. Man will gar nicht wissen, was die da alles verbrennen. Aber es breitet sich nicht weiter aus. Immerhin. Und die Suppe ist noch warm.
Wir nähern uns Palmarola, der westlichen der Pontinischen Inseln. Eine beeindruckende Felsformation im Thyrrenischen Meer. Die Kreidefelsen im Süden erinnern an Dover oder Rügen. Die Insel ist in der Mitte durch einen Felsblock gespalten. Ein paar Segler ankern im Osten. Im Süden liegt die Andromeda II vor Anker, die 107m lange Megayacht von Juri Milner. Der Hubschrauber steht auf dem Achterdeck bereit. Wir entscheiden uns für eine Bucht im Nordwesten von Palmarola, umschlossen von gewaltigen Felsen. An der einen Stelle eine glatte Wand wie aus Sandstein, an anderer eine Aufwerfung wie ein Blumenkohl. Hinter einem Sattel ragt eine Bergspitze in den Himmel, die mich an den großen Mythen in der Zentralschweiz erinnert. Es ist der gewaltige Felsblock, der die Insel spaltet. Am Strand eine Handvoll Häuser inmitten von üppigem Grün. Wir ankern in glasklarem Wasser. Bald geht die Sonne unter. Ich hole die Drohne. Das gibt heute besonders beeindruckende Aufnahmen, wenn ich sie langsam über die Klippen steigen lasse. Mir fällt auf, dass der glatte Felsen in etwa 50m Höhe eine echteckige Öffnung hat, die aussieht, wie der Durchgang durch eine Tür. Das muss ich nur näher ansehen. Ich manövriere die Drohne auf Höhe der Öffnung, schalte auf Videoaufnahme und fliege näher. Die Öffnung weitet sich langsam auf dem Monitor. Ich fliege näher. Und noch näher. Doch immer noch ist das dunkle Rechteck relativ klein. Und dann friert plötzlich das Bild ein und verzerrt sich. Die Fernsteuerung meldet Contact lost. Ich löse meinen Blick vom Gerät und sehe zum Fels hinüber, als ich plötzlich ein unerwartetes Geräusch höre. Klonk.
Wir segeln weiter nach Süden, suchen einen geeigneten Ort für einen Zwischenstop, bevor es auf die Pontischen Inseln geht, unentdeckte Perlen, sagt man. Von ruhigen Ankerbuchten aus Strände, Buchten und Grotten mit dem Beiboot erkunden. Das ist der Plan. Wir finden Anzio, ein nach Süden offener Strandabschnitt, an dem reiche Römer im 19. Jahrhundert ihre Villen direkt an den Strand bauten. Dahinter auf einem Hügel ein großer Park, in dessen Mitte eine Villa thront, die ein Kadinal im 17. Jh. hat erbauen lassen. Die Alliierten haben sie als Hauptquartier benutzt, als sie 1944 in Italien anlandeten, um Rom von den Faschisten zu befreien. Was heute so mancher als vorwändige Flokel verwendet, war damals eine klar umrissene Aufgabe. Die Villa ist heute im Besitz der Familie Borghese, der Park ein nationales Kulturgut. Was das Städtchen betrifft, kann allerdings weniger von Kulter die Rede sein. Der Tourismus ist lokal, sein Ausprägung einfach bis abstoßend. Die Häuser, der Hafen, die Menschen, überall bröckelt der Putz, auch in den Gesichtern. Alles wirkt ungepflegt. Sie lassen ihren Müll dort fallen, wo er anfällt. Zigaretten, Eisbecher, Spielzeug, Styropor, Flaschen. Und sie leben es ihren Kindern so vor. Es gibt eine Marina für private Boote. Sie ist kaum zu trennen von der Fischerei, die an der Hafenmole die Nase belästigt und schmutzig in direkter Nachbarschaft zu den Restaurants betrieben wird. Hier, zwischen zwei kleinen Fischerbooten, Styroporresten und Plastikmüll legen wir mit dem Dinghy an, um zum Abendessen zu gehen. Die Mahlzeit schmackhaft, die Menschen, die es eimem hinstellen, eine Katastrophe. Schlechtes Benehmen, von Service kann keine Rede sein. Als wir drei Stunden später zur Mole zurückkehren ist dort, wo unser Dinghy korrekt mit einem Palstek durch einen Ring gesichert war, eine leere Stelle. Das ölig verschmutze Hafenwasser plätschert leise gegen die Rümpfe der beiden Fischerboote. Wir sehen uns an und können es nicht glauben. Eine leere Stelle im Wasser, die nicht leer sein dürfte. Es will nicht in unsere Köpfe.
Jetzt, zwei Tage später, ist es immer noch kaum zu glauben. Inzwischen steht fest, das Boot wurde von kundiger Hand entwendet und mit laufendem Motor aus dem Hafen gefahren. Die Guardia di Finanza hat sich noch in derselben Nacht mit einem Patrouillenboot und Punktscheinwerfer auf die Suche gemacht. Wir haben auch die Küstenwache eingeschaltet, und für die Carabinieri einen geschriebenen Bericht verfasst. Es hilft nichts. Das Boot ist weg.
Wir suchen nach einem sicheren Platz für die Nacht. Der lange Küstenstreifen bietet leider wenig Schutz. Weder vor Wetter, noch vor Gesindel. Aber in der Nähe läuft eine alte Hafenmauer fast einen Kilometer entlang der Küste. Sie war früher als Wellenbrecher für einen Touristenhafen gedacht, der nie gebaut wurde. Wir nähern uns langsam. Durch das Fernglas ist nichts zu erkennen, was auf mögliche Gefahren hindeutet. Am Strand stehen ein paar heruntergekommene Hütten, verrottete Jollen, ein Autowrack. Es wirkt leblos. Am Ende der künstlichen Bucht liegt ein Kanal, über den eine kleine Holzbrücke führt. Die Hütte daneben steht auf Stelzen, hat einen Aufbau, eine Art Kran. Ich lasse die Kameradrohne steigen und nähere mich auf 30 Meter in zehn Meter Höhe. Keine Auffälligkeiten, Befestigungsanlagen, Schießscharten, irgendwas in der Art. Nichts. Hinter der Brücke liegt ein kleines Hafenbecken voller Boote. Sieht nicht aus, als hätten die noch Sprit, um gefahren zu werden. Aber das könnte ein Trick sein, um uns in einen Hinterhalt zu locken. Wir gehen in ausreichendem Abstand vor Anker und legen das Gewehr und die Armbrust bereit und machen die kleine Kampfdrohne startklar. Sicher ist sicher.
30km landeinwärts liegt die Ewige Stadt. Oder das, was noch von ihr übrig ist. Wir haben gehört, dass vor drei Monaten die Energieversorgung in Europa endgültig zusammengebrochen ist und mit ihm wohl seine Staaten. Marodierende Truppen ziehen seither durchs Land. Auf dem Wasser fühlen wir uns einigermaßen sicher. Unseren Berechnungen nach haben wir inzwischen 2034. Welchen Tag haben wir heute?, fragt Penelope und lacht. Das macht sie manchmal, wenn sie glücklich ist. Wenn sie sagen will, dass Zeit längst keine Rolle mehr spielt, dass sie zu etwas Äußerlichem geworden ist, relativ. bedeutungslos. Weil nur noch das Hier und Jetzt zählt. Aber nicht wie damals zum Jahrtausendwechsel, als man die indische Philosophie schick fand. Bei uns an Bord geht es um das Wasser, das die Entsalzungsanlage liefert, den Strom, den die Solarpaneele produzieren, den Wind, der die Segel bläht, den Sprit im Tank, für alle Fälle. Unser Katamaran ist groß genug, um darauf leben zu können. Und was an Land passiert, interessiert uns nicht mehr.
Der Mond geht über Land auf und wirft Licht auf die dunklen Bauten am Strand. Fast rund ist er und kitschig groß. Penelope macht im Dunkeln etwas Musik, leise, damit wir nicht gehört werden. Papa was a Rolling Stone. Ich glaube 1971 war das. Ich gehe nach unten und suche nach der Flasche, die wir neulich aus einem auf dem Wasser treibenden Boot geholt haben. Auf dem Etikett steht Aldrovandi 2019, Bolgheri. Wir stoßen an, beginnen zu tanzen und halten uns aneinander fest. Die Welt, die wir kannten, gibt es nicht mehr.
Latiens Küste hat nicht viel zu bieten für Segler, aber weil schweres Unwetter mit Blitz und Donner vorhergesagt sind, müssen wir irgendwo in der Gegend von Ostia einen Stop einlegen. Wir sind auf dem Weg nach Süden. Sprichwörtlich links liegen lassen wollten wir die Stadt, in die alle Wege führen, wie man so sagt, und das tun sie. Wir kommen schließlich bei Civitavecchia unter, neben dem Hafen der Ozeanriesen. Drei, vier Pötte so groß wie eine Stadt liegen hier jeden Tag. Gut, dass wir eine Landzunge weiter südlich keinen Blick auf sie haben. Wir denken, wir haben – jeder für sich –, beide schon genug gesehen von Rom. Den Vatikan, das Antike, das bunte Leben auf der spanischen Treppe. Wir könnten jedoch einen Kaffee auf dem Piazza Navona trinken, das haben wir gemeinsam noch nicht gemacht. Ein Foto von uns vor dem Brunnen, auf dem Neptun, der uns auf See ständig präsent ist, einen Oktopus ersticht, warum nicht – natürlich fahren wir nach Rom. Die Fahrt mit dem Regionalzug für kleines Geld dauert keine Stunde, schneller jedenfalls als mit den Öffentlichen von Wehrheim an den Flughafen Frankfurt. Eine der vierhundertvier Kirchen der Stadt ist Ignazio di Loyola gewidmet, dem Mitbegründer des Jesuitenordens. Sie liegt, nach Kaffee und Foto am Neptunbrunnen, auf unserem Weg zum Pantheon und weil das Hauptportal offen steht und sich dort eine Menge junger Menschen tummeln, lasse ich mich von dem Ort anziehen. Ich gehe hinein, bestaune das farbenfrohe Deckengemälde über mir und wundere mich über das seltsame Verhalten der Leute vor mir. Sie stehen – dreißig, vierzig überwiegend junge Frauen sind es –, aufgereiht vom Eingang bis zum schräg auf einem Sockel ruhenden großen Spiegel, über den sie sich nacheinander, wie einem Schrein huldigend, beugen. Fast andächtig. Wenn sie dort nicht alle ihr Smartphones zücken würden. Ich brauche eine Weile, um zu verstehen: Der Spiegel liefert das Selbstbild vor den gewaltigen Fresken, die perspektivisch komponiert sind. Die Architektur setzt sich scheinbar in der Malerei fort. Dargestellt ist die Apotheose des Hl. Ignatius. Er steigt über den damals bekannten vier Kontinenten zum Himmel empor und der Blick an die Decke reicht quasi ins Unermessliche. Es ist eines der kühnsten Werken illusionistischer Malerei, das Andrea Pozzo ab 1685 über ein Jahrzehnt lang geschaffen hat. Jetzt, dreihundertvierzig Jahre später, dient es als Kulisse für das Selbstverliebte, das in der Welt verlorene immergleiche Ich, hochgeladen auf Tiktok im Minutentakt. Die lange Warteschlange der amerikanischen Touristen vor der Eisdiele in San Gimignano letztens erscheint mir plötzlich – menschlich.
Wir verlassen den Ort, finden in einer ruhigen Seitengasse das verträumte Cucina del Teatro, die Küche eines untergegangenen Theaters. Es hat nur wenige Tische zum Hof hin. Wir lassen uns nieder und werden eins mit Saltimbocca und einem Glas lokalen Roten.
Giglio ist eine der kleineren Inseln der Toskana. Sie liegt querab von Orbetello und bietet Seglern Schutz bei stsrkem Westwind. Der kleine Hafen auf der Ostseite der grünen Insel ist im Sommer gut besucht von Tagesgästen. Im Winter ist hier nicht los. Wir kommen von Elba und wollen in die pittoreske Nachbarbucht neben dem Hafen ansteuern. Drei Felsen, vor denen man sich in Acht nehmen sollte, sind auf der Seekarte verzeichnet. Drei?, fragt Carola. Ich sehe nur zwei, und tatsächlich ist der dritte und kleinste fast nicht zu erkennen, denn er ragt kaum einen Meter aus dem Wasser.
Wir fahren einen großen Bogen, bevor wir ankern undmit dem Dinghy an Land gehen. Am Hafen fällt mir ein alter Mann mit einem Spazierstock auf, der auf einem Steinblock sitzt und auf das Meer hinaus starrt, genauer noch, auf eine Stelle vor der Hafeneinfahrt, so kommt mir das vor. Ich schätze ihn auf über achtzig und sein grober Holzstock mit rundgebogenem Griff, auf den er sich mit beiden Händen stützt, wirkt deutsch. Wir gehen essen, und als wir danach zum Hafen zurückkommen, sitzt der Mann immer noch auf dem Block. Im Vorbeigehen sage ich Guten Abend. Der Mann nickt. Ich bleibe stehen und frage, ob ich mich kurz setzen darf. Er sagt Ja bitte, und ich folge seiner Einladung, während Carola sich langsam entfernt, als wäre sie allein unterwegs. Wir sitzen eine Weile nebeneinander, ohne ein Wort zu wechseln und von Minute zu Minute fällt es schwerer, den Einstieg in ein Gespräch zu finden. Schön hier, nicht wahr?, sagt der Mann. Er spricht leise und langsam. Ich nicke. Ich komme jedes Jahr einmal hierher, um meine Frau zu besuchen, sagt der Mann. Ein Besuch an ihrem nassen Grab.
Im Januar 2012 lief hier ein Kreuzfahrtschiff auf Grund. Der kleine Fels, wenn man rechts aus dem Hafen fährt. Ich schmunzele wissend. Der Stein riss ein siebzig Meter langes Loch in den Rumpf, das Schiff trieb manövrierunfähig in die Gegenrichtung und havarierte endgültig auf diesem Felsen vor der Hafeneinfahrt und legte sich auf die Seite. Der Mann zeigte mit zittriger Hand in die Richtung. Wir saßen im Speisesaal. Plötzlich ging das Licht aus und dann fing das Schiff an, seltsam ruckelige Bewegungen zu machen. Als es sich von einer seitlichen Bewegung nicht mehr aufrichtete, fasste ich die Hand meiner Frau. Wir gingen zu unserer Kabine, legten die Schwimmwesten an und eilten über schräge Treppenstufen zurück an Deck, wo bereits Tumult herrschte. Eine Stimme aus dem Mikrofon forderte uns auf, zurück in unsere Kabinen zu gehen und weitere Anweisungen abzuwarten. Ich sah mich um. Es herrschte Dunkelheit. In der Nähe waren bewaldete Hügel erkennbar, Lichter. Als ich mich wieder meiner Frau zuwandte, war sie verschwunden. Ich nahm an, sie sei den Anweisungen gefolgt, hastete zurück zu unserer Kabine, fand sie dort aber nicht vor. Die Schräglage des Schiffes erschwerte bereits die Bewegung an Bord, doch weil ich Amalia finden musste, ging ich wieder an Deck. Dort herrschte mittlerweile Chaos. Einige Passagiere versuchten, in Rettungsboote zu steigen, andere hielten sie davon ab. Nirgends ein Offizieller. Ich irrte umher und wusste bald nicht mehr, was tun. Hilferufe, Sprünge ins Wasser, plötzlich einsetzender Lärm von Rotoren über mir, Böen wie von einem kräftigen Wind, wie Krieg war das, es macht einen irgendwann verrückt. Können sie sich das vorstellen?, fragte er mich. Ich schüttelte den Kopf. Und irgendwann kommt ein Punkt, der ihnen sagt, dass ihr Leben am seidenen Faden hängt, auf des Messers Schneide steht, irgendwas in der Art. Ich redete mir ein, dass meine Frau wahrscheinlich längst in einem Rettungboot saß und in Sicherheit war, obwohl kein solches Boot zu sehen war. Das Wasser reichte inzwischen fast bis an die Reling heran. Ich stieg auf die Brüstung und sprang.
Der Mann atmet tief und schwer. Man sagt, ich hatte Glück. Vom Heck des Schiffes waren es keine fünfzig Meter an Land. Eine gute Seele muss mich ans Ufer gezogen haben. Der Sprung ins januarkalte Wasser aus doch nicht so geringer Höhe hat mir das Bewusstsein genommen. Ich erwachte auf einem Felsen liegend mit einer Decke über mir. Sie haben mich dann auf eine Fähre gesteckt und in ein Krankenhaus aufs Festland gebracht. Es war Geschenk zu unser goldenen Hochzeit gewesen, eine Kreuzfahrt von Italien durchs Mittelmeer, gleich zu Beginn des neuen Jahres. Meine Frau stammt von hier. Es sollte ein Höhepunkt unseres gemeinsamen Lebens werden. Ich sehe Trauer, ich sehe Liebe in seinem Gesicht. Die Italiener haben sogar einen Namen für das, was hier geschehen ist, fährt er fort. Inchino, Verneigung, nennen sie das, wenn ein Schiff ganz nah einen Hafen passiert und dabei das mächtige Horn ertönen lässt.Man erzählt sich, dass ein Bürgermeister von Giglio sich einst persönlich bei einem Kapitän bedankt hat, der solches praktizierte. Er lächelt und es wirkt etwas zynisch. Seither komme ich einmal im Jahr hier her und verneige mich vor meiner Frau.
Als wir am nächsten Morgen den Anker lichten, fahren wir einen großen Bogen, vorbei an dem Fels. Auf Höhe der Hafeneinfahrt verneige ich mich.