Panopticon

Panopticon

Wenn man an San Stefano vorbeifährt, fällt einem der trutzige Bau auf, der auf dem Hügel thront wie eine Festung. Das ist er auch, allerdings nicht um Feinde von außen abzuwehren, sondern sondern um den Gegner von innen zu bekämpfen.
Durch eine geeignete architektonische Struktur die Herrschaft eines Geistes über einen anderen erlangen. Prinzip eines idealen Gefängnisses das die Einzelzellen im Halbkreis anordnet, damit alle Gefangenen von einem einzigen Wächter in einem zentralen Gebäude beaufsichtigt werden können, ohne zu wissen, ob sie gerade beobachtet wurden oder nicht. Die Bourbonen haben das beim englischen Philosophen Jeremy Bentham in Auftrag gegeben, der auf diese Weise ein Prinzip der Abschreckung vor dem Bösen errichtete, das sich aus dem Bewusstsein ständiger Kontrolle ergibt. Die Inschrift über dem Eingang lautet:
„Donec sancta Themis scelerum tot monstra catenis victa tenet, stat res, stat tibi tuta domus anbringen.“
Solange das Heilige Gesetz so viele böse Menschen in Ketten hält, bleiben Staat und Eigentum sicher.
Der italienische Literat und Politiker Settembrini saß hier neun Jahre lang ein und schreibt dazu: „Diese Worte werden von den meisten, die eintreten, weder gelesen noch verstanden, doch sie berühren das Herz des politischen Gefangenen und warnen ihn, dass er einen Ort ewiger Qual betritt, unter verlorenen Menschen, denen er gleichgestellt ist. Man muss großen Glauben an Gott und Tugend haben, um der Verzweiflung zu entgehen.“
Panopticon nannte Bentham das, und wenn ich die ganze Geschichte des Aufenthalts von Settembrini hier lese, wird mir schlecht bei dem Gedanken, wie mit Menschen noch vor wenigen Jahrhunderten umgegangen wurde – Nein, auch heute noch umgegangen wird. In Assads Folterkellern war es kein Stück besser. 2025 in Sibirien, kein Stück besser.
Settembrini endet seine Geschichte mit: Hier leben wir den Winden und dem Meer ausgeliefert, getrennt vom Universum und erleiden all die Schmerzen, die das Universum bereithält.
Ein verstörender Ort diese zwei Inseln unweit der Ferieninsel Ischia, auf denen es zu aller Zeit immer um Verbannung und Tod ging. Und doch faszinierend.

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