PLAY WiTH DOLPHiNS

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„Da“, ruft jemand an Bord aufgeregt und zeigt in die Ferne. „Delfine“. Alle sehen in die Richtung der Vermuteten, die auf wundersame Weise immer wieder die Herzen der Menschen erfreuen.
Es könnten indessen auch junge Orcas sein. Aus der Ferne ist das nicht so leicht zu unterscheiden, wenn nur eine Rückenflosse über die Wasseroberfläche gleitet. Bei jeder solchen Sichtung jagt mir das Adrenalin ins Blut, bis Klarheit herrscht. Wo Delfine sind, gibt es keine Orcas, sagt man. Erstere machen einen großen Bogen um ihre größeren und mindestens genauso schlauen Artverwandten. Das wäre dann eine gute Nachricht.
Im Juli war es erstaunlich ruhig an der Algarve und seit Anfang August gab es hier erst eine Sichtung von Schwertwalen. Die Tiere konzentrieren sich derzeit auf den westlichen Zugang von Gibraltar. Immerhin, auch diese Beobachtung entspannt ein wenig. Das Phänomen Orca-Attacken beschäftigt die Menschen auch in 2024.

Auf dem Weg zum Werftshop, so eine Art Baumarkt für Bootsfahrer, sah ich, aufgebockt zwischen anderen Yachten, ein kleines Kajütboot, gebaut durchaus für mehrtägige Törns auf dem Meer. Und davon hat es dem Anschein nach schon einige hinter sich. Aufgebockt zwischen anderen Yachten stand es da. Deutlich die Gebrauchsspuren und das Alter von Rigg und Rumpf. Der neue Unterwasseranstrich fällt indessen auf. Und das Ruderblatt. Es ist mit einem Gruß an die Orcas versehen:
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Schön, dass sich der Segler seinen Humor bewährt hat.

Cetaceans

Cetaceans

Sie planen Kurs auf die Säulen des Herakles, in fester Absicht, hindurch zu kommen und in freudiger Erwartung dessen, was die andere Seite verheißt. Das ganz Mare Nostrum wird zu ihren Füßen liegen, sobald sie die enge Stelle zwischen Gibraltar und Ceuta passiert haben. Andere fahren einfach drauflos. Es kann doch nicht so schwer sein…

Wir haben uns das gut überlegt, haben uns verfügbare Zeitfenster zurecht gelegt, Reiseziele besprochen, Marokko, Andalusien, Tunesien, das zu erwartende Wetter nach Jahreszeiten… und so weiter… Und die Orcas, englisch Cetaceans. So nennen die Behörden das nüchtern. Wenn man Latein benutzt, hört es sich sachlicher an. Es ist aber nicht sachlich. Die Orcas kreuzen unsere Pläne ein ums andere Mal, weil sie sich nicht so verhalten, wie alle bislang gesagt haben: Sie gehen nicht an Katamarane, hieß es; Rote Rümpfe mögen sie nicht; Motoren aus, wenn sie sich nähern; im Herbst sind sie im hohen Norden; ins Mittelmeer kommen sie nicht. Alles falsch! Das alles machen sie nämlich. Neuerdings. Erst vor Kurzem haben sie in der Straße von Gibraltar zwei Boote angegriffen. Eins davon ist gesunken. An der Algarve sind sie auch wieder gesehen worden. Es gibt nichts, woran man sich halten kann. Hieß es bis vor Kurzem: Motor aus!, ist die neueste Empfehlung der Regierung, bei einer Sichtung von Orcas das Gebiet so schnell wie möglich unter Motor zu verlassen.

Vielleicht ist es auch so, dass wir, die Menschen, die Pläne der Orcas durchkreuzen. Das weiß niemand genau. Oder wir sind einfach nur praktisch für die Orca-Mamas, als Segler: An unseren Ruderblättern kann man prima den Kids die Thunfischjagd beibringen.

Die roten Pins auf dem Beitragsbild kennzeichnen die Begegnungen von Segelbooten mit Orcas, die Schäden verursacht haben. Im November. Es wird uns nichts anderes bleiben, als entlang der 20m Wasserlinie zu schleichen, den Blick immer nach rechts, in der Hoffnung, dort möge sich niemals eine Flosse zeigen. Dreimal bin ich in diesem Sommer zusammengezuckt, als ich Flossen gesehen habe. Jetzt werde ich schon bei Delfinen nervös. Freuen wir uns aber erstmal auf die kommende Saison in Lagos!

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